Trailer und Filmkritik: „Tully“ (ab 31. Mai im Kino)

30. Mai 2018 22:58 Michael Eckert Aktuelles,Film ,

 Ein Film nicht nur für gestresste Mütter

 Bekannt wurde Charlize Theron vor allem mit athletischen Actionrollen in Filmen wie „Aeon Flux“, „Fast & Furious 8“ oder „Atomic Blonde“. In „Tully“ zeigt sie sich nun selbstironisch als dreifache Mutter am Rande des Nervenzusammenbruchs. Zum Glück ist Hilfe im Anmarsch…

 Zwei kleine Kinder hat sie schon, nun kommt noch ein drittes dazu. Ein Wunschkind, aber Marlo (Charlize Theron) fühlt sich gestresst. Wie soll sie das bloß alles schaffen, sie hat ja nicht mal ihr eigenen Leben im Griff? Ihr Mann Drew (Ron Livingston) ist beruflich viel unterwegs, im Haushalt gehen immer wieder kleine Dinge schief und führen Marlo die eigene Unzulänglichkeit vor Augen. Die beiden Kleinen Sarah (Lia Frankland) und Jonah (Asher Miles Fallica) freuen sich zwar auf ihr Geschwisterkind, aber allzu viel Rücksicht auf ihre hochschwangere Mom nehmen sie nicht ­– und wundern sich dann auch noch allzu offen über ihren speckigen Babybauch. Ja, Marlos Figur war tatsächlich mal schnittiger, sie selbst viel fitter – und überhaupt: Hat sie sich ihr Leben so vorgestellt?

Eine moderne Mary Poppins

24 Stunden am Tag eingespannt als Hausfrau und Mutter? Irgendwie muss da doch noch etwas anderes kommen. Sie will nicht so ein langweiliges Luxusleben führen wie ihr Bruder Craig mit seiner reibungslos funktionierenden Ehefrau Elyse (Elaine Tan) in einer tadellosen Villa, die zum Abendessen passende die Dinner-Musik von Siri aussuchen lässt. Die einzige Überraschung die Drew zu bieten scheint, ist das jeweils aktuell angeschaffte SUV-Modell in der Einfahrt. Ausgerechnet dieser selbstzufriedene Drew kommt dann mit der Königsidee. Zur Geburt spendiert er seiner Schwester das Honorar für eine „Nacht-Nanny“. Marlo lehnt zunächst ab. Irgendeine Fremde im Haus, die dann womöglich die Familie im Schlaf meuchelt und mit dem Neugeborenen abhaut? Das kennt man doch aus einschlägigen Horrorfilmen. Aber Marlos Bedenken lösen sich sofort in Nichts auf, als nach der Geburt der kleinen Tochter die junge Nacht-Babysitterin Tully (Mackenzie Davis) an der Tür klingelt. Das Mädchen ist einfach perfekt. Sie schickt die müde Mutter ins Bett, umsorgt die Kinder und bringt den kompletten Haushalt auf Vordermann, während Marlo entspannt schläft. Hat der Himmel diese supercoole Mary Poppins geschickt? Spätestens als Tully dann auch noch das erlahmte Liebesleben von Marlo und Drew wieder in Schwung bringt, fragt sich auch der Zuschauer, ob diese gute Fee vielleicht doch nur ein nächtlicher Wunschtraum ist. Ein Tipp: Wer die Dialoge aufmerksam verfolgt, findet die Lösung in Tullys Namen.

Neues von den „Juno“-Machern

Die Komödie „Tully“ ist eine gemeinsame Schöpfung von Drehbuchautorin Diablo Cody und Regisseur Jason Reitman. Sie sind Stars der amerikanischen Independent-Filmemacherszene, seit sie 2007 mit ihrem erfrischend-optimistischen Teenagerdrama „Juno“ in der Arthouse-Kinoszene Furore machten. „Juno“ erzählte von einer schwangeren Schülerin, die eigenständig nach Pflegeeltern für ihr Baby sucht – selbstbewusst, zielstrebig und souverän, dabei mit Sinn für Humor – eine jüngere Schwester des Tausendsassas Tully. Marlo ist zwar ein ganzes Stück älter, aber keineswegs souveräner im Umgang mit der Mutterrolle. Sie gehört einer Generation an, die sich mit Entscheidungen schwer tut, sich alle Optionen offen halten möchte und sich letztlich selbst verliert. Erwachsen ist nicht, aber das ist ja auch nicht unbedingt eine Frage des Alters. So haben „Tully“ und „Juno“ durchaus eine gewisse Verwandtschaft, erzählen doch beide Filme von jungen Mädchen, die den Älteren zeigen, wo es langgeht.                                   Michael Eckert

TULLY Teaser Trailer German Deutsch (2018) von KinoCheck

Fotos: © DCM 2018

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