St. Pauli – Timo Schultz stellt sich vor

13. Juli 2020 11:46 Mario Kraft Aktuelles,Fußball ,

Geschäftsstelle des FC St. Pauli

Antritts-Pressekonferenz des neuen Trainers Timo Schultz

Mit der Neuverpflichtung des 42-jährigen Timo Schultz ist dem FC St. Pauli ein wohlüberlegter Zug gelungen, die Mannschaft mit intern vertrautem Personal weiter zu entwickeln. Am Montag, den 13. Juli 2020 stellte sich der gebürtige Ostfriese Timo Schultz nun an der Seite von Sportchef Andreas Bornemann in einer – wie zu Corona-Zeiten üblich – gestreamten Pressekonferenz vor.

Werdegang eines ostfriesischen Fußballtalents

Was macht eigentlich die Person Timo Schultze aus? Geboren in Wittmund (Niedersachsen) an der Nordseeküste begann er seine Karriere beim TuS Esens, von wo aus er 1995 in den Juniorenbereich des traditionsreichen Nordvereines Werder Bremen wechselte. Und dem Norden blieb er immer treu. Nach seiner Zeit in Bremen, wo er zum Profispieler reifte, spielte er in Lübeck, beim Harburger TB 1865 aus Hamburg Heimfeld sowie bei Holstein Kiel. Im Jahr 2005 fand er dann seine spielerische Heimat beim FC St. Pauli.

Der ehemalige Kiezkicker (von 2005 bis 2011 129 Profispiele) wechselte nach seiner aktiven Karriere direkt ins Coachnig bei St. Pauli. Zunächst war er Co-Trainer, dann ab 2015 erstmalig Trainer im Nachwuchsbereich bei der U17. Von 2018 bis 2020 übernahm er die Trainingsverantwortung für die U19 des zweitgrößten Hamburger Fußballvereines. Logisch also, dass er nun seine Karriere mit dem Amt als Profitrainer fortsetzen darf.

Vom Nachwuchscoach zum Cheftrainer

Wie kam es zu der Verpflichtung? Laut Sportchef Andreas Bornemann, war die Verhandlung mit Schultz ein offener und mehrstufiger Prozess. Immerhin ist die Freistellung von Ex-Trainer Jos Luhukay schon ein paar Tage her. Der FC ST. Pauli wollte laut Bornemann nicht schnellstmöglich den erstbesten Trainer anheuern, sondern nach und nach den Wunschtrainer aus mehreren Kandidaten herausarbeiten. Damit fiel die Wahl auf Schultz, der nun einen transparenten und konsequenten Führungsstil anstreben möchte.

Schultz: „Die Spieler sollen gerne zum Training an die Kollaustraße (dort sitzt das Trainingszentrum des FC St. Pauli) kommen und sie sollen gerne hart arbeiten“
Eine Ansage, die auch auf die mangelnde Physis des Kiezkicker-Kaders abzielt.

Timo Schultz bevorzugt als Spieler wie als Trainer einen aktiven und offensiven Stil im Fußball, möchte sich aber nicht festlegen, dass torreiche Ergebnisse automatisch besser seien. Je nach Anforderungen der gegnerischen Mannschaft sei ein 1:0 ebenso hoch zu schätzen wie ein 4:3 oder ein 4:0. Aber er möchte als Trainer von den Spielern vollen Einsatz sehen. Generell begreift Schultz sein Engagement zum Cheftrainer als große Chance. Dabei lobte er die von Anfang an transparenten Gespräche mit dem Verein.

Auf die Frage, ob es ein Trainingslager geben wird, waren sich Trainer Schultz und Sportchef Bornemann einig, dass dies in Corona-Zeiten eine organisatorische Herausforderung darstelle, die genau mit den Wünschen der Spieler abzuwägen sei. Zusammen mit der Infektionsrisiko-Lage in den jeweiligen Ländern, die für Trainingslager in Frage kommen, sei auch die Ungewissheit des kommenden Saisonstarts noch hinderlich bei der Planung eines Trainingslagers.
Zwar sei im Moment mit dem Saisonstart im August zu rechnen, aber es habe eine Abstimmung mit mehreren Vereinen gegeben, nach der auch ein Saisonstart ab Mitte September – möglicherweise auf Kosten einer Winterpause – gewünscht wäre. Das decke sich auch mit den Interessen von St. Pauli, so Bornemann.

Timo Schultz blickt seinem Trainerdebüt optimistisch entgegen

Was erhofft Schultz sich von seinem Trainerdebüt? Wenn er sich auf seine Vorerfahrungen aus dem Nachwuchsbereich stützt, so wäre ihm ein Spielergebnis analog zum U19-Debüt lieber. Damals siegte er 4:2 gegen RB Leipzig. Drei Jahre zuvor verlief der Start seiner Trainerlaufbahn bei der U17 von St. Pauli holpriger. Nach einer extrem kurzfristigen Verpflichtung musste er bereits am Folgetag, ebenfalls gegen RB-Leipzig, eine krachende Niederlage einfahren.
Dies stehe nun hoffentlich nicht zu befürchten, da ihm durch den zeitigen Trainerwechsel noch eine großzügige Vorbereitungszeit zur Verfügung stehe. Timo Schultz, intern auch liebevoll Schulle genannt, möchte sich nun darauf konzentrieren, den Kader flexibel einzusetzen und an der bereits erwähnten Physis zu arbeiten. Dabei möchte der Verein ihm wohl den Rücken freihalten.

Ein Ausblick auf die kommenden Wochen

Sportchef Andreas Bornemann: „Wir wollen Schulle keinen Riesenrucksack aufladen und ihn dazu nötigen, in der nächsten Saison direkt oben mit zu spielen.“
Nach den vergangenen Spielzeiten sei nun mehr Demut gefragt und es komme dem Verein auf eine langfristige Zusammenarbeit mit kontinuierlicher Entwicklung an.
Als nächstes sei laut Bornemann zügig die Kaderplanung anzugehen. Dabei seien wichtige Fragen zu klären:

Wie steht es um den Verbleib einiger Leihspieler?
Diese seien in der letzten Saison keine Belastung, sondern eine Bereicherung gewesen. Mit den Spielern sowie mit den Vertrag innehabenden Vereinen sei nun zu klären, ob Leihgaben verlängert werden können.

Wie soll die Kommunikation mit dem Spieler Waldemar Sobota wieder aufgenommen werden?
Hier gab es in letzter Zeit einige Uneinigkeiten auf beiden Seiten, es sei aber das Tuch der Kommunikation nicht zerschnitten, so Bornemann. Sobota soll die Möglichkeit bekommen, sich durch Aussprache wieder mehr in den Verein zu integrieren.

Trainer Schultz gab noch eine Einschätzung zu Nachwuchsspielern und deren Potential im Profikader. Konkret fielen Namen wie Viet, Senger, Flach und Lubongo. Diese seien sehr engagierte Talente, die sich im Verein noch beweisen sollen. Finn Ole Becker habe definitiv den Durchbruch zum Stammspieler geschafft.

Worauf kommt es nun an?

Die Vorzeichen stehen mit Timo Schultz auf Veränderung. Er scheint durch seine Erfahrung beim FC St. Pauli die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mitzubringen. Er möchte eine Innovationskultur einführen – was das genau bedeutet? Wir dürfen gespannt sein, ob der Trainer den Sprung vom Nachwuchs- in den Profibereich meistern kann, um der Mannschaft vom Millerntor in Zukunft mehr Stabilität und Siegeswillen beizubringen.

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