Filmfest Hamburg: die mitreißende Dokumentation „Blue Note Records: Beyond the Notes“
Man muss kein ausgesprochener Jazzfan sein, um die Kunst von Musikern wie Herbie Hancock, Miles Davis oder Norah Jones zu genießen. Aber man sollte sich einmal mit der Geschichte des Plattenlabels Blue Note Records beschäftigen.
Wer ist hier Film- und wer Musikfan? Diese Frage war gestern im Cinemaxx-Publikum zu hören, als das Filmfest Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Unerhört-Musikfestival den Dokumentarfilm „Blue Note Records: Beyond the Notes“ zeigte. Mit zahlreichen Interviews zeichnet die Schweizer Filmemacherin Sophie Huber darin die Geschichte des legendären Plattenlabels Blue Note Records nach, in dem vor allem schwarze Jazz-Größen wie Herbie Hancock, Wayne Shorter, Miles Davis, Art Blakely und viele, viele mehr – bis hin zu Norah Jones – erstmals veröffentlichen konnten.
Von den Deutschen Juden Alfred Lion und Francis (Frank) Wolff 1939 in New York gegründet, war Blue Note Records die Anlaufstelle für schwarze Musiker, denen woanders keine Möglichkeit zur Veröffentlichung geboten wurde. Ihre Musik war experimentell und ihrer Zeit voraus, für eine kommerzielle Auswertung ungeeignet.
Jazz-Legenden auf einen legendären Label
Die einzige Chance für Jazz-Virtuosen gab es bei den beiden deutschen Newcomern im Musikgeschäft. Im Berlin der 20er Jahre hatten Alfred Lion und Francis erstmals Jazz gehört, hatten aber, wie in den Interviews immer wieder gesagt wird, keine allzu große Ahnung von Musik. Vor den Nationalsozialisten aus Deutschland geflohen, gründeten sie als pure Jazzfans das Label und gaben den Künstlern freie Hand – was über Jahrzehnte unvergessliche Aufnahmen hervorbrachte und dem Label in Verbindung mit dem charakteristischen Cover-Design und den grandiosen Session-Fotos zu seinem Legenden-Staus verhalf.
Vom Jazz zum Rap
Viel ist in den Interviews von Freiheit der Kunst und von Vertrauen in die Musiker die Rede – eine Qualität und Tradition, die man bis heute bei Blue Note Records pflegt. Zur Geschichte und zur Gegenwart des Labels gehört auch der Übergang zum Rap, dessen musikalische wie auch soziale Verbindung zum Jazz in der historischen Aufarbeitung offensichtlich wird. So ist der Film eine mitreißende, unterhaltsame Lehrstunde in Sachen Jazz und Rap – für Musikfans wie auch für Filmliebhaber. Sophie Huber führt mustergültig vor, wie man aus einem vermeintlichen Spezialthema eine allgemein gültige Dokumentation macht.
„Blue Note Records: Beyond the Notes“ läuft bei Filmfest Hamburg noch einmal am kommenden Freitag, den 5. Oktober, um 22 Uhr im großen Abaton.
Foto: ©Mira Film