Trauer um Esther Bejarano

11. Juli 2021 08:50 contrast media Aktuelles,Geschichte,Kultur ,

denk.mal Hannoverscher Bahnhof

Zeitzeugin und Holocaust-Überlebende im Alter von 96 Jahren gestorben

Sie konnte Klavier spielen und musste innerhalb kurzer Zeit das Akkordeonspielen lernen, um in das Mädchenorchester von Auschwitz aufgenommen Dort verabschiedete sie Mithäftlinge auf der „Reise in den Tod“ und überlebte den Holocaust. Als Zeitzeugin trat sie mit dem Auschwitzkomitee für Frieden, Versöhnung und Demokratie ein. Gestern verstarb Esther Bejrano im Alter von 96 Jahren.

Mit HipHop und Aufklärung hatte sich die Zeitzeugin nach Ihrer Rückkehr nach Deutschland gegen Hass und Diskriminierung eingesetzt. Für ihre Verdienste wurde die seit 1960 in der Hansestadt lebende Friedensaktivistin vom Hamburger Senat 1994 mit der Biermann-Ratjen-Medaille und 2020 mit der Ehrendenkmünze in Gold ausgezeichnet.

Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher würdigt ihr politisches und künstlerisches Wirken: „Mit dem Tod von Esther Bejerano verliert Hamburg eine außergewöhnliche Bürgerin, die sich bis ins hohe Alter für das Gemeinwohl engagierte. Nachdem sie als junge Frau Nazi-Verfolgung, Zwangsarbeit und die Deportation nach Ausschwitz überlebt hatte, zog Esther Bejarano 1960 aus Israel nach Hamburg und machte es sich zur Lebensaufgabe, für Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit einzutreten. Als Künstlerin und Friedensaktivistin warnte sie vor Diskriminierung und Ausgrenzung. Unermüdlich erinnerte sie an die Schrecken des Nazi-Regimes und die Ursachen von Ausgrenzung, Krieg und Gewalt. Mit ihren oft streitbaren Wortmeldungen hat sie über viele Jahrzehnte wichtige Impulse für Demokratie, Erinnerungskultur und Gleichberechtigung gegeben. Ihr Engagement und ihr künstlerisches Wirken hat die gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands mit geprägt.“

Kultursenator Dr. Carsten Brosda erinnert an ihre Fähigkeit, Leid in Zuversicht umzuwandeln: „Esther Bejarano hat insbesondere junge Menschen immer wieder mit ihrer Botschaft erreicht – mit den Erinnerungen an das Leid, das sie unter den Nazis erleben musste, und mit der trotzigen Zuversicht ihrer Auftritte mit der Microphone Mafia. Sie war davon überzeugt, dass das Wissen um die Vergangenheit notwendig ist, damit wir den besseren Zustand der Gesellschaft als den denken können, in dem wir ohne Angst verschieden sein können, wie Adorno schrieb. Esther Bejarano schien ohne Angst und war unermüdlich bis zum Schluss für diese bessere Gegenwart und Zukunft im Einsatz. In ihrer Wahlheimat Hamburg trauern wir um eine der wichtigsten Mitstreiterinnen im Kampf für ein freies und friedliches Miteinander.  Ihre Stimme wird schmerzlich fehlen. Aber ihre Botschaft wird hoffentlich noch lange nachklingen und gehört werden.“

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